Ist die Abrechnung von Cloud Computing eigentlich überhaupt fair?
Der Mensch – insbesondere der Deutsche – neigt anscheinend dazu, die Fairness von Abrechnungen extrem zu hinterfragen, um anschließend eine nur auf den ersten Blick faire und einfache Verteilung der Kosten aus dem Boden zu heben. Diese Abrechnung zeichnet sich meist dadurch aus, dass es einen linaren Zusammenhang zwischen irgendetwas durch einfach gestrickte Leute zählbarem und Geld gibt. Beispiel gefällig: Das Bezahlen von gedruckten/kopierten Seiten nach deren Anzahl.
Aus jahrelanger Erfahrung habe ich gelernt, dass die Kosten für eine gedruckte Seite von vielen Faktoren abhängen:
- Stromverbrauch: Muss der Drucker extra für diese eine Seite aufgewärmt werden, oder druckt er die Seite zusammen mit einer Million anderer Seiten im Dauerbetrieb.
- Tonermenge: Ist es der berühmte 5%-Dr.-Gauer-Brief, oder ist es ein vollflächiges Schwarz?
- Papierart: Standard-Papier, Hochglanzpapier, Ökopapier…
- Anteilige Instandhaltungskosten: Je nach Modell, verwendetem Papier, verwendeter Tonerart, verbrauchter Tonermenge etc. unterschiedlich.
- Wer druckt die Seite? Bestimmte Personen neigen dazu, ungeeignete Folien in Drucker einzulegen. Bei denen kostet jede 10. Seite etwa 150 Euro an Reparaturkosten.
Man könnte all diese Faktoren einzeln abrechnen und erfassen – das wäre richtig fair. Das war auch mein erster Ansatz für einen Abrechnungsmodus zur Berechnung der Druckkosten. Ich fand’s nur fair, wenn jemand, der viel Toner verheizt, mehr bezahlt.
Das Verfahren hat funktioniert – aber es fand keine Akzeptanz. Die Nutzer wollten in der Lage sein, ihren Verbrauch selbst zu messen – durch ein fremdes Verfahren gemessen zu werden, war nicht in akzeptabel. Das Verfahren war für die Nutzer intransparent, ohne genaues Studium der Tonerpreise und der Wartungsintervalle unterschiedlicher Druckertypen war im vorhinein nicht zu sagen, wie teuer eine gedruckte Seite jetzt nun werden würde. Also kam der Schwenk auf eine Pauschale pro Seite. Bitte nicht nachfragen, wie diese entstanden ist – das Verfahren zu Preisfindung war total instrasparent und hatte den Einsatzu von PI und Würfeln eingeschlossen. Rein theoretisch hätte man übrigens den Verbrauch auch nach dem Gewicht des Papiers berechnen können…
Im Cloud Computing möchte und muss man auf einmal den Verbrauch an CPU, Speicher und Datenübertragung mit Kosten belegen. CPU-Verbrauch wird dazu in Zeit-auf-einer-CPU gemessen (wobei unterschiedliche CPU-Typen durch eine entsprechende Normierung berücksichtigt werden sollen), Speicher wird nach Megabyte berechnet, Datenübertragung auch. Zusätzlich fallen Pauschalen für den Zugriff auf Daten an.
All diese Größen könne einfach gemessen werden – CPU-Sekunden spuckt die Virtualisierung aus, Datenmengen und deren Übertragung der Filer. Multiplikation beherrscht das ERP-System, und fertig ist die Rechnung. Irgendwie scheint die Abrechnung sogar fair zu sein – wenngleich eine Überprüfung praktisch nicht möglich ist: Das Verfahren ist extrem intransparent.
Woher soll ein Kunde denn wissen, wie viele CPU-Sekunden beim Booten seines Servers real angefallen sind? Er konnte den Server in der Zeit nicht überwachen, er muss sich auf irgendwelche Angaben aus einem Virtualisierungslayer verlassen. Selbst messen geht praktisch nicht – gemessen werden schon. Woher soll ein Kunde wissen, wie viele PUT/GET oder ähnliche Anfragen an den Filer kamen, wenn Millionen von Usern darauf zugreifen? Wieder geht nur gemessen werden, selbst messen ist praktisch unmöglich. Intransparenz wo man auch hinschaut. Cloud-Computing-Anbieter können praktisch abrechnen, wie sie wollen – könnte man meinen.
Die Transparenz des Abrechnungsverfahrens ist langfristig ein entscheidendes Merkmal, um Cloud-Computing-Anbieter auszuwählen. Kein Anbieter wird es sich erlauben können, intransparente Verfahren ewig anzubieten – statt dessen werden wahrscheinlich zunächst exakte Belege und Einzelverbindungsnachweise üblich sein, langfristig Pakete oder gar partielle Flatrates üblich werden.